Donnerstag, 18. Februar 2010

Welcome to the Rileys

© Arsenal/ Regie: Jake Scott
Die perfekte Berlinalevorstellung gibt es einfach nicht. Diesmal musste ich nicht anstehen, ich durfte 20 Minuten lang in den bequemen Cubix-Sesseln gemütlich auf den Film warten. Und – das ist ja eigentlich das Wichtigste – ich durfte einen wirklich tollen Film sehen. Aber… nichts ist perfekt. Schon als der Moderator in „sen-se-män-käim-raunt-se-korner“-Englisch den Film ankündigte, war mir klar, dass etwas nicht stimmte. Ein Film vom Sohn von Ridley Scott, mit Twilight-Star „Bella Swan“ in der Hauptrolle wird doch nicht vom Aushilfsmoderator vorgestellt. Es sei denn… weder Scott Junior noch „Miss Swan“ sind anwesend. Ich weiß nicht, ob die Herren und Damen sich zu fein waren oder unser Vampir-Teeny gerade wieder mit Blutsaugern vor der Kamera steht - entscheidend ist aber, dass dies der erste Film auf der diesjährigen Berlinale war, bei dem niemand, wirklich NIEMAND, vom Filmteam da war. Die Frage nach der Q&A erübrigt sich also.

Besonders schade fand ich das Fehlen der Crew deshalb, weil ich gerne durch tosenden Applaus meine Bewunderung zum Ausdruck gebracht hätte. Es ist so schön, dass auch die US-Amerikaner in der Lage sind, anspruchsvolle Filme zu machen. Das hatte ich nach „Father of Invention“ ja gar nicht mehr für möglich gehalten. Und „Welcome to the Rileys“ ist nicht nur anspruchsvoll, sondern ergreifend. Zum ersten Mal dieses Jahr flossen mir die Tränen… in Bächen. Ich wollte mich in meiner Scham im Liegesitz verstecken, hatte aber natürlich das einzige schlecht geölte Exemplar erwischt, das bei meinen Versuchen, mich immer tiefer hineinzulehnen schrecklich zu quietschen anfing und mich komplett enttarnte.

Aber ich stehe dazu, dass mich diese Geschichte berührt hat. Es geht um ein Ehepaar, das vor vielen Jahren seine 15-jährige Tochter durch einen Autounfall verloren hat. Seitdem geht die Mutter nicht mehr aus dem Haus und der Vater hält sich eine Geliebte. Als diese jedoch an einem Herzinfarkt stirbt, fliegt bei Daddy endgültig die Sicherung raus und er fährt nach New Orleans, wo er sich einen Tochter-Ersatz in der Person einer 16-jährigen Stripperin sucht. Das wiederum gibt seiner Frau einen Anlass, endlich mal wieder das Haus zu verlassen und ihm nachzureisen. Kurz scheint es, als würden die drei gemeinsam eine kleine Familie gründen können, doch die Zerwürfnisse zwischen den Eheleuten sind zu groß, um auch noch das völlig verwahrloste Gör zu resozialisieren. Trotzdem findet der Film ein Ende, das zwar nicht unbedingt „happy“, aber doch optimistisch ist.

Mit einem Kloß im Hals und noch ganz benommen schlurfte ich aus dem Kino und fühlte mich selbst wie eine orientierungslose 16-jährige Stripperin auf der Suche nach einem asexuellen Sugar-Daddy. Dass der Film die Identifizierung mit einer solchen Figur so erleichtert, macht für mich seine Qualität aus. Großartig.

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