Montag, 5. März 2012

Russendisko


© Paramount Picture/ Regie: Oliver Ziegenbalg
Zwölf Jahre nach dem Erscheinen von Wladimir Kaminers Erzählband Russendisko, hat Oliver Ziegenbalg die kurzen Episoden aus dem Berliner Leben der 90er Jahre in einen Kinofilm übersetzt. Er berichtet von den drei jungen Russen Wladimir (Matthias Schweighöfer), Mischa (Friedrich Mücke) und Andrej (Christian Friedel), die kurz nach der Wende als russische Juden Asyl in Ost-Berlin erhalten. Mit dem Verkauf von Dosenbier finanzieren sie sich ihr bodenständiges Leben zwischen Asylantenwohnheim und der blühenden Ost-Berliner Künstlerszene. Während Andrej sich mit melancholischer Schwermut und Heimweh plagt, strebt Mischa eine Musikerkarriere an und der ewig optimistische Wladimir verliebt sich unsterblich in die Tänzerin Olga (Peri Baumeister). Doch als alles perfekt scheint, droht Mischa die Ausweisung und die Freundschaft des Dreiergespanns wird auf eine harte Probe gestellt.  

Russendisko ist mehr ein Liebesfilm als eine Komödie,  in dessen Mittelpunkt die Geschichte von Wladimir und Olga steht. Geradezu märchenhaft wird das Kennenlernen der beiden inszeniert, eine Animationssequenz erzählt uns von Olgas Kindheit im fernen Russland. Auch die Darstellung der Stadt Berlin ist in ihrer Farbenpracht eher magisch als authentisch. Zwar finden sich auf dem U-Bahnhof, in dem Andrej sein Dosenbier vertreibt, die klassischen Berliner Typen, doch wirkt die Stadt insgesamt eher wie eine Disney-Version ihrer selbst. Statt der grau-braunen Überreste der DDR-Vergangenheit erstrahlen die Straßen hier in bunten Regenbogenfarben. Die Betonung liegt ganz klar eher auf der kreativen Aufbruchsstimmung der neuen Hauptstadt als auf der authentischen Darstellung des Nach-Wende-Berlins. 

Ähnlich verhält es sich mit den drei zentralen Figuren: Wladimir, Mischa und Andrej sprechen akzentfrei Deutsch und auch ihre Kleidung will nicht so recht zu der Tatsache passen, dass sie in der Sowjet-Union der frühen 90er erstanden wurde. Dass sie vielmehr wie drei ganz normale Jungs wirken, wie sie noch heute durch gewisse Ecken der Hauptstadt laufen – vielleicht ein bisschen retro, aber das ist ja jetzt schick - bringt ihnen zwar Sympathiepunkte, geht aber auf Kosten der Authentizität. Matthias Schweighöfer glänzt einmal mehr mit seinem Bubencharme, ähnelt in seiner Darstellung aber zu sehr den Figuren seiner letzten Filme, als dass wir auf der Leinwand irgendjemand anderen sehen könnten als eben Matthias Schweighöfer. 

Da die zentrale Figur den Namen des Romanautors Wladimir Kaminer trägt, entsteht der Eindruck, es handle sich hier um eine Art biographische Entstehungsgeschichte der Veranstaltungsreihe unter dem Namen „Russendisko“. Die fehlende Authentizität und die märchenhafte Inszenierung bilden damit jedoch einen beißenden Widerspruch, der den Zuschauer zunächst irritiert. Russendisko ist kein Bio-Pic, sondern eine Art Großstadtmärchen, das weder die Figur Wladimir Kaminer, noch den Schauplatz Berlin realistisch abbilden, sondern das Publikum mit seiner märchenhaften Atmosphäre und der rührenden Liebesgeschichten in seinen Bann ziehen möchte. 

Partiell kann der Funke überspringen und den romantischen Zauber transportieren. Insgesamt aber verbleiben die Charaktere zu eindimensional. Wladimirs unsterblicher Optimismus und seine Lebensfreude, der auch die größten Tiefschläge nichts anhaben können, bilden zu wenig Anlass, um sein Schicksal zu bangen. So bleibt Russendisko trotz seiner offensichtlichen Bemühungen, uns mit Hilfe des Settings und der Musik zu verzaubern, ein seichter Unterhaltungsfilm, der leider nicht mal besonders komisch ist. Die besten Gags wurden – wie so oft – bereits im Trailer zusammengefasst und somit vorweggenommen. 



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