Dienstag, 12. Februar 2013

Pardé


© Berlinale

Ein Mann (Kamboziya Partovi) zieht sich mit seinem Hund in ein Haus am Meer zurück. Er verhängt die Fenster, denn niemand soll seine Anwesenheit bemerken. In der Isolation schreibt er ein Drehbuch. Eines Tages stößt eine junge, suizidgefährdete Frau (Maryam Moghadam) zu ihm, die nicht mehr gehen möchte. Wo kommt sie her? Was treibt sie an? Als wir gerade glauben, die Ereignisse auf der Leinwand zu verstehen, hebt Jafar Panahi seinen Film auf eine Metaebene und stiftet neue Verwirrung.

Dass Pardé rational nicht zu erfassen ist, ist gewollt. Das Verständnis der Ereignisse ist meiner Meinung nach zum Verständnis des Films auch nicht notwendig. Die letzte halbe Stunde allerdings ebenso wenig. Auch ohne die Metaebene habe ich begriffen, dass es sich bei dem Mann, der sich in seinem Haus verbarrikadiert, um Jafar Panahi handelt, der im Iran unter Hausarrest steht und mit einem Berufsverbot bestraft wurde. Das Gefühl, eingesperrt zu sein, war für mich durch die Inszenierung sehr stark erfahrbar. Die Kamera verbleibt stets im Haus, schaut anfänglich noch durch vergitterte Fenster und Gardinen, verfolgt aber später nicht einmal mehr die Blicke des Protagonisten, wenn dieser die dunklen Vorhänge beiseite schiebt, um vorsichtig nach draußen zu schauen. Hierdurch einsteht ein Gefühl der Enge und Beklommenheit. Auch die suizidale Frau ist für mich irgendwie Jafar Panahi. Für sie ist Selbstmord der einzige Weg in die Freiheit und wie der Film zu einem späteren Zeitpunkt deutlich macht, hat auch Panahi diesen Ausweg schon einmal erwogen, dann jedoch verworfen. 

Dass der Film in der letzten halben Stunde eine Metaebene nach der anderen produziert, ist meines Erachtens für das Verständnis der Anspielungen unnötig. Vielleicht aber braucht es auch die hierdurch entstehende Verwirrung, damit der Zuschauer die Ereignisse nicht mehr rational zu begreifen versucht. Wie immer, wenn sich Metaebenen potenzieren, geht der Kontakt zur Ursprungsebene verloren. Irgendwann lässt sich einfach kein Sinn mehr generieren, weil es keine Basis mehr gibt, auf die wir uns beziehen könnten. Aber auch hierin steckt für mich ein Symptom der Depression, das ich ebenfalls auf Panahis Situation übertragen kann. 

Im Gegensatz zu einigen Kollegen, die ich nach der Vorführung sprach, hat mich der Film begeistert. Je länger ich darüber nachdenke, desto besser gefällt er mir. Das einzige, dass ich Jafar Panahi hier anlasten könnte, wäre, dass er am Ende vielleicht etwas zu dick aufträgt, sich selbst zu stark als Opfer eines politischen Systems in den Mittelpunkt stellt. Pardé ist eben ein sehr persönlicher Film. Aber das muss ja nichts Schlechtes sein, oder?!


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