Samstag, 9. Februar 2013

The Necessary Death of Charlie Countryman


© Berlinale
Ein merkwürdiges Märchen – das ist das erste, was mir nach The Necessary Death of Charlie Countryman durch den Kopf geht. Denn ein Märchen ist der Film von Fredrik Bond in jedem Fall. Das legt schon die Erzählerstimme von John Hurt nahe, die nicht nur durch die Handlung geleitet, sondern diese auch mit Bedeutung aufzuladen versucht, stattdessen aber nur leeren Pathos erzeugt.

Charlie Countryman, das ist ein junger Mann gespielt von Shia LaBeouf, dem der Geist seiner toten Mutter (Melissa Leo) nahe legt, nach Bukarest zu reisen. Am Ende stellt sich heraus, dass sich der Geist vertan hat und eigentlich Budapest meinte. So ein Mist aber auch. Das hätte uns einen unterdurchschnittlichen Film ersparen können. Aber nun lässt sich das ja alles nicht mehr ändern, also weiter im Text. Der brave Sohn Charlie fliegt nach Bukarest, wo er sich in die schöne Gabi (Evan Rachel Wood) verliebt, die jedoch mit dem bösen und immens eifersüchtigen Gangster Nigel (Mads Mikkelsen) zusammen ist. Der ist auf der Suche nach einem prekären Video, das ihn und seine kriminellen Machenschaften entlarvt. Und dann ist da noch Til Schweiger als Darko, der - ja, was macht der eigentlich? - böse guckt und irgendwie ein Komplize von Nigel ist. Von Liebe wie benommen meint Charlie, sich in diese Geschichte einmischen zu müssen, die natürlich mehr als nur eine Nummer zu groß für ihn ist. Und so käme es, wie es kommen müsste, wenn es nicht die schier unendliche Kraft der Liebe gäbe...

Zunächst einmal zu den positiven Dingen. Entgegen meiner Erwartungen spielt Shia LaBeouf tatsächlich gut. Das hilft dem Film zwar nicht, soll hier aber trotzdem positiv erwähnt werden. Genauer gesagt – und ich hätte niemals gedacht, das einmal zu sagen – ist Shia LaBeouf das Beste am ganzen Film, auch wenn er die meiste Zeit so ungepflegt aussieht, das man seinen Körpergeruch geradezu sehen kann. Das scheint die hübsche und stets adrett gekleidete Gabi aber nicht zu stören. Glück für Shia, oder besser gesagt für Charlie Countryman.

Dass der Film chronisch überinszeniert ist, fällt in der ersten Hälfte noch nicht so schwer ins Gewicht. Immerhin handelt es sich um ein Märchen und da geht es ja auch nicht immer realistisch zu. So fällt es relativ leicht, Charlies Visionen als fantastische Elemente zu akzeptieren. Die aufdringliche Musikuntermalung tut ihr übriges, den Zuschauer in einen Rausch zu versetzen und das Drama mehr und mehr zu steigern. Aber irgendwann ist es einfach zu viel und das Konzept verliert die Balance. Statt eines leichten geheimnisvoll-magischen Flairs liegt stickiger Pathos in der Luft. Die Liebe, ach, die Liebe, die alle Grenzen überwindet... Bla, bla, bla, langweilig. Und was mich außerdem noch ziemlich stört an der ganzen Nummer, ist die Besetzung. Der Film spielt in Bukarest und es gibt nicht einen einzigen Rumänen, mitnichten eine Rumänin unter den Hauptfiguren. Hätte man statt Evan Rachel Wood nicht eine rumänische Schauspielerin finden können, um der Sache zumindest einen Hauch von Authentizität zu verleihen?

Versteht mich nicht falsch: Dynamische Musik, Tempo, ein bisschen Drogentaumel unter „karpatischem Ecstasy“  - das ist alles ganz unterhaltsam und macht zwischendurch sogar Spaß. Aber es ist wie mit jedem Rausch: Irgendwann ist es einfach zu viel und danach fragt man sich grundsätzlich, wozu das Ganze eigentlich gut war.

Ach, mir fällt die Antwort ein: Um zu zeigen, dass Shia LaBeouf schauspielern kann. Und keine Angst hat, sich auszuziehen. Vielleicht ist das einfach nur ein langes Bewerbungsvideo für Nymphomaniac!


1 Kommentar:

  1. Es gibt keinen Glaubwürdigen Moment in diesem Film, was auch nicht weiter schlimmer wäre, wenn er seinen Rausch ausschöpfen würde; und nicht alle Pillen auf einmal nähme.
    Wie bestimmte Bilder unser Bewusstsein prägen und die Unbestimmtheit des Rausches in das Sein tritt, sind die Fragen, die anfangs gestreift und später mit ungeschmeidigen Farben überdeckt werden.
    Ein wenig Buh-Rufe, sodass sich auch die Cineasten einmal ergötzen können. Kontingenz oder Notwendigkeit? D

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