Sonntag, 10. Februar 2013

Vic + Flo Saw a Bear

© Yannick Grandmont

Frauen, Frauen, überall Frauen. In allen drei Wettbewerbsfilmen, die heute liefen, standen Frauen im Mittelpunkt. So auch in Vic + Flo Saw a Bear, der jedoch deutlich weniger überzeugen konnte als die vorhergehenden Filme.

Vic (Pierrette Robitaille) und Flo (Romane Bohringer) sind zwei ehemalige Sträflinge, die sich in eine abgelegene Hütte in den kanadischen Wäldern zurückziehen. Eigentlich lebt dort noch Vics greiser Onkel, doch weil Vic nicht in der Lage ist, sich angemessen um den alten Mann zu kümmern, wird dieser bald vom Sozialdienst abgeholt. Das ist traurig für die ohnehin schon einsame Frau. Aber schließlich hat sie noch Flo. Aber die deutlich jüngere Frau fühlt sich in der Abgelegenheit nicht ganz so wohl wie Vic und hat überdies durchaus auch Interesse für die männliche Spezies. Zudem wird sie von ihrer kriminellen Vergangenheit eingeholt, die schließlich das Leben beider Frauen bedroht.

Schon auf Grund der isolierten Lebensweise der Hauptfiguren ist die Anzahl der für die Geschichte zentralen Personen sehr begrenzt und umfasst neben dem lesbischen Liebespaar im Grunde nur noch eine weitere Person, den wohlwollenden Bewährungshelfer Guillaume (Marc-André Grondin), übrigens die einzige männliche Figur, die in der Geschichte eine tragende Rolle spielt. Weder Vic noch Flo sind sonderlich gesprächig oder unternehmungslustig und dementsprechend ist Vic + Flo Saw a Bear von einer geradezu depressiven Ruhe gekennzeichnet. Doch gerade wenn man die Ereignislosigkeit nicht mehr zu ertragen glaubt, zieht das Tempo plötzlich an. So richtig spannend geht es trotzdem nicht zu.

Das ist ja grundsätzlich kein Problem. Ich habe durchaus schon Filme gesehen, in denen deutlich weniger passiert ist und die mir trotzdem gefallen haben. Aber wenn es nicht die spannende Handlung ist, die einen fesselt, muss ein anderes Element diese Funktion übernehmen. Eine interessante Figur, eine besondere Ästhetik und/oder Kameraführung, ein relevantes Thema, das zum Nachdenken anregt, und so weiter. Vic + Flo Saw a Bear bietet in meinen Augen keines dieser Elemente. Über die Figuren erfahren wir kaum etwas. So bleibt bis zum Ende unklar, warum die beiden Frauen im Gefängnis gesessen haben und warum Bösewichtin Jackie (Marie Brassard) es auf sie abgesehen hat. Vic und Flo ziehen sich nicht nur von ihrem sozialen Umfeld zurück, sondern auch von uns. Sie wirken menschenfeindlich und können nur schwer unsere Sympathie wecken. Was die Botschaft angeht, könnte es um die schwierige Wiedereingliederung ehemaliger Strafgefangener gehen. Aber sicher bin ich mir da nicht. Auch das Ende lässt sich mit dieser Interpretation schwer vereinbaren.

Der Film hinterließ bei mir vor allem ein großes „Warum?“. Es fällt mir immens schwer herauszulesen, worum es dem Regisseur und Drehbuchautoren Denis Côté eigentlich geht. Im Pressematerial las ich, dass es für ihn eine Herausforderung darstellte, starke weibliche Charaktere zu entwerfen. Vielleicht ist das der Grund dafür, dass die „starken“ Frauen in seinem Film grundsätzlich keinen BH, dafür aber ein Oberteil tragen, dass das Fehlen dieses Accessoires offensichtlich zur Schau stellt. Statt starke Frauen zu inszenieren, ist Côté in meinen Augen in die Kampflesben-Klischeefalle getappt. Vielleicht sind die Bärenfallen im Finale des Films ja metaphorisch gemeint?!

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